Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung – ‘Zölibat’ und ‘Sex haben’ in Zusammenhang mit spiritueller Entwicklung
- 2. Spirituelle Grundkonzepte um die Beziehung zwischen Zölibat und spiritueller Entwicklung zu verstehen
- 3. Kann sich jemand durch tāntrischen Sex spirituell entwickeln?
- 4. Soll ein Gottsuchender von sexuellen Aktivitäten Abstand nehmen und zölibatär leben?
- 5. Kann die Unterdrückung von sexuellen Aktivitäten bei einem Gottsuchenden zu unerwünschten Wirkungen führen?
- 6. Auf welcher Stufe seines Weges sollte ein Gottsuchender anfangen sich sexuellen Aktivitäten zu enthalten?
- 7. Kann Masturbation die spirituelle Entwicklung behindern?
- 8. Wenn ein Gottsuchender sexsüchtig ist oder exzessive sexuelle Gedanken hat, was sollte er tun?
- 9. Zusammenfassung – ist das Zölibat für eine spirituelle Entwicklung erforderlich?
1. Einführung – ‘Zölibat’ und ‘Sex haben’ in Zusammenhang mit spiritueller Entwicklung
Das Thema Sex ist von sozialen Normen und moralischen Tabus verhüllt. Viele Religionen sprechen sich für verschiedene Beschränkungen für ihre Mitglieder aus, was das Thema Sex betrifft und setzen Sex gelegentlich gleich mit Sünde. Ist also Sex zu haben auf der einen Seite und Spiritualität auf der anderen Seite, besonders spirituelle Entwicklung, ein Gegensatz? Können Sex oder Masturbation die spirituelle Entwicklung behindern? Es gibt bezüglich dieses Themas sehr unterschiedliche Ansichten.
Es gibt viele Artikel über das Thema spirituelle Entwicklung durch tantrischen Sex. Einige Menschen sehen tantrischen Sex als das magische Zaubermittel, das ihnen spirituelle Entwicklung trotz des Genusses sexueller Freuden beschert. Andererseits befürworten einige spirituelle Wege das Zölibat als Grunderfordernis für eine spirituelle Entwicklung. Einige große Religionen der Welt verlangen von ihren Priestern, dass sie zölibatär leben. Hilft diese Einschränkung den Priestern aber bei ihrer spirituellen Entwicklung? Viele Menschen fragen über die ‘Stellen Sie eine Frage’ Einrichtung der SSRF nach Sex und Masturbation. Sie beklagen sich über exzessive sexuelle Gedanken und Impulse und wollen wissen, ob diese ein Hindernis für ihren spirituellen Weg wären. In diesem Artikel erklären wir das Thema Sex und Spiritualität aus der Perspektive der spirituellen Entwicklung.
2. Spirituelle Grundkonzepte um die Beziehung zwischen Zölibat und spiritueller Entwicklung zu verstehen
Der Zweck des Lebens ist zweifach
- Um das Schicksal und die Geben-Nehmen-Rechnung zu begleichen, mit der man geboren wurde und,
- Sich spirituell in Richtung der Verwirklichung Gottes zu entwickeln
Für die meisten Menschen ist das Leben eine Serie von Wechselfällen, die dem Schicksal, mit dem wir geboren werden, zugeordnet werden. Die Aktivitäten und Gedanken von Durchschnittsmenschen drehen sich meist nur um das weltliche Leben. Die Mehrheit der Gesellschaft strebt danach, Glück durch verschiedene Mittel wie den Beruf, Begabungen, Geld, Macht, Beziehungen usw. zu erreichen. Unter den vielen weltlichen Aktivitäten ist die Sexualität eine, von der man annimmt, dass sie das größte weltliche Glück schenken kann. Sie befähigt jemanden zu einem vollständigen sowohl physischem wie auch emotionalem Erleben. Leider ist es bei weltlichen Erfahrungen so, dass etwas, das Glück vermitteln ebenso gut Schmerz und Sorgen bereiten kann sobald es ausbleibt oder verlorengeht. Daher ist auch das Glück durch äußerst befriedigende sexuelle Begegnungen nur kurzlebig, sobald der Akt vorbei ist.
Auf der anderen Seite gibt es einen kleinen Prozentsatz der Weltbevölkerung, der als Gottsuchende bekannt ist. Solche Menschen (Gottsuchende) suchen mehr als das, was die materielle Welt zu bieten hat. Sie streben spirituell betrachtet nach der letzten Erfahrung, der Verwirklichung Gottes, dem Eins-sein mit Gott oder dem Universellen Bewusstsein. Bei der Erreichung dieses spirituellen Zustandes erfährt ein Gottsuchender Glückseligkeit und ewige Abgeklärtheit, die eine unermesslich größere Form von Glück ist und nicht von äußeren Umständen abhängt. Am Anfang des spirituellen Weges eines Gottsuchenden ist die Verwirklichung Gottes eine reine Idee. Er oder sie haben die Verwirklichung Gottes noch nicht erfahren und es ist nur ein Konzept. Doch ein Gottsuchender, der Spiritualität praktiziert, hat das Versprechen, dass ihn am Ende seines spirituellen Weges eine solche Erfahrung erwartet. Im Anfangsstadium, wenn der Gottsuchende Spiritualität praktiziert, bekommt er positive spirituelle Erfahrungen, die viel größer als seine Bemühungen sind. Gott schenkt Gottsuchenden solche Erfahrungen, um sie auf ihrem spirituellen Weg zu ermutigen. Gottsuchende bemühen sich dann noch mehr, um weiterhin solche positiven Erfahrungen machen zu können und einen stabilen Geisteszustand zu erreichen. Sobald Gottsuchende sich bei der Spirituellen Praxis bemühen, fangen sie an, das Göttliche auf ihrem spirituellen Weg zu spüren. Sobald sie großartigere und länger anhaltende positive Erfahrungen durch Spirituelle Praxis erhalten, geben sie das weltliche Leben (und Anhaftungen an ihre 5 Sinne, Geist und Intellekt) und alles, was es zu bieten hat, auf und opfern alles (inklusive Sexerfahrungen). Und allmählich beginnen diese Dinge ihre Macht über die Gottsuchenden zu verlieren.
Um diesen Artikel besser zu verstehen, schlagen wir vor, dass Sie sich über folgende Artikel und spirituellen Konzepte informieren:
- Zweck des Lebens
- Woraus bestehen wir?
- Wer ist ein Gottsuchender?
- Was ist spirituelles Niveau und was wird als spirituelle Entwicklung bezeichnet?
- 6 Grundprinzipien der Spirituellen Praxis
- Was ist die Kundalini und wie verläuft der Prozess der Erweckung der Kundalini?
Mit diesem Grundwissen betrachten wir nun einige allgemeine Fragen, die Menschen über Sex, Enthaltsamkeit von Sex oder Zölibat und spirituelle Entwicklung stellen.
3. Kann sich jemand durch tāntrischen Sex spirituell entwickeln?
Tāntrischer Sex ist ein Fachbegriff, der im Westen sehr weit verbreitet ist. Aber das Interesse der Menschen besteht hauptsächlich darin, ihr sexuelles Leben zu bereichern. Eigentlich lernen diejenigen, die tantrischen Sex praktizieren, sich sexuell zu betätigen, um sexuelle Energie zur spirituellen Heilung und/oder spirituellen Entwicklung zu kultivieren / channeln / sammeln. Man praktiziert es am besten unter Anleitung eines spirituellen Meisters auf der Ebene eines Gurus. Leider sind gegenwärtig die sogenannten Gurus, die diese Art Praxis lehren, keine wahren Gurus. Durch spirituelle Forschung entdeckten wir, dass sehr wenige Menschen, das ist 1 von 1000, sich spirituell durch diese Technik entwickeln können. Die Mehrheit verschlechtert sich rapide, da solche Techniken die Tendenz haben, die Anhaftung an die 5 Sinne, den Geist und den Intellekt und an das weltliche Leben zu stärken. Daher sind von Gottsuchenden, die eigentlich spirituelle Entwicklung suchen, solche Praktiken meist nicht gefragt.
4. Soll ein Gottsuchender von sexuellen Aktivitäten Abstand nehmen und zölibatär leben?
Zu allererst denken Sie bitte daran, dass Enthaltsamkeit oder Zölibat keine Voraussetzung für das Beginnen mit Spiritueller Praxis ist. Auf dem spirituellen Weg eines Gottsuchenden gibt es jedoch einige wenige Aspekte, die in Betracht zu ziehen sind, wenn diese Frage beantwortet werden soll.
- Anhaftung an sexuelle Aktivitäten
- Die während des Sex freigegebene Energie
- Der spirituelle Weg
1. Anhaftung an sexuelle Aktivitäten
Spirituelle Entwicklung bedeutet eigentlich, seine 5 Sinne, Geist und Intellekt zu transzendieren und sich als die Seele oder das Gottesprinzip in sich zu erfahren/ zu erkennen. Das bedeutet, Abstand von seinem niederen Selbst (das sind der physische Körper, psychologische Emotionen und Intellekt) zu nehmen und sich mit dem höheren Selbst, das ist die Seele zu identifizieren, deren Qualitäten die Absolute Wahrheit, Absolute Bewusstheit und Glückseligkeit sind. Auch wenn man sich spirituell entwickeln möchte, kann das wiederholte Hervorholen und Festhalten an weltlichen Dingen ein Hindernis auf dem spirituellen Weg sein. In sexuelle Aktivitäten verwickelt zu sein, kann auch eine Anhaftung bedeuten, die uns an weltliche Gelüste bindet und somit ein Hindernis für eine spirituelle Entwicklung darstellt.
Der maßgebliche Punkt dabei ist, dass mit ehrlichem Bemühungen bei richtiger Spiritueller Praxis diese Anhaftung an ein weltliches Leben automatisch weniger wird und keine zusätzlichen Bemühungen notwendig sind, irgendwelche Anhaftungen zu reduzieren. Wenn das Verlangen nach Sex exzessiv ist, lesen Sie Teil 8 – Was soll ein Gottsuchender tun, wenn er nach Sex süchtig ist oder exzessive sexuelle Gedanken hat?
2. Während Sex wird Energie freigesetzt
Es herrscht die Ansicht, dass sexuelle Aktivitäten die Vitalenergie, die man für die spirituelle Entwicklung nützen könnte, deutlich reduziert. Dem ist aber nicht so. Vitalenergie wird bewusst und unbewusst für verschiedene Bewegungen gebraucht. Aber der größte Verbraucher der Vitalenergie eines Menschen ist der Geist, der mehr als jede physische Tätigkeit verbraucht. Ein Gottsuchender kann, nachdem er mit Sex beschäftigt war, mit seiner Spirituellen Praxis fortfahren. Es gibt keine wesentliche Minderung der Vitalenergie, die ihn davon abhielte, mit seiner Spirituellen Praxis fortzufahren.
Manchmal versuchen Menschen, den Samenerguss nach Anleitung von Yogis eines bestimmten Weges zu kontrollieren. Die Unterdrückung von sexuellem Drang auf diese Art ist für durchschnittliche Gottsuchende nicht empfehlenswert, da es sie unbefriedigt und mit mehr sexuellen Gedanken zurücklässt. Wenn sich jemand erlaubt, zu ejakulieren oder einen Orgasmus zu erreichen, werden seine sexuellen Gedanken nachlassen und er kann mit seiner Spirituellen Praxis und neuer Begeisterung weiter machen.
3. Spiritueller Weg Gottsuchender
Der spirituelle Weg, den ein Gottsuchender verfolgt, kann auch ein bestimmender Faktor bei der Bedeutung von Zölibat in seinem Leben sein. Für spirituelle Wege wie Hatha Yoga (Weg der Enthaltsamkeit) kann das Zölibat wichtiger sein, da es der Natur des Weges entspricht.
Doch zölibatär zu leben ist nicht entscheidend, wenn ein Gottsuchender andere Wege praktiziert, wie den Weg der Hingabe (Bhaktiyoga), den Weg des Wissens (Dnyānyoga) oder den Weg der Gnade des Gurus (Gurukrupāyoga).
Um diese Frage zusammenfassend zu beantworten, sei gesagt, dass Gottsuchende, die Spiritualität praktizieren, sich nicht zu beherrschen oder zu zwingen brauchen, keinen Sex zu haben oder nicht zu masturbieren. Mit der Spirituellen Praxis geht man über weltliche Interessen hinaus, weil man etwas gewinnt, das Göttlich ist und weit mehr Erfüllung bringt als alles, was die Welt an Genuss zu bieten hat.
5. Kann die Unterdrückung von sexuellen Aktivitäten bei einem Gottsuchenden zu unerwünschten Wirkungen führen?
Die Unterdrückung sexueller Bedürfnisse bei gewöhnlichen Menschen kann zu verschiedenen Problemen führen, zumal diese Unterdrückung zu Angstzuständen, Depression, Schlafstörungen usw. führen kann. Das geschieht jedoch nicht bei einem Gottsuchenden. Bei einem Gottsuchenden vergeistigt sich das Bedürfnis nach Sex allmählich (es kanalisiert sich) im Laufe der Spirituellen Praxis (d. h. jede Praxis, welche die 6 Grundprinzipien der Spirituellen Praxis beinhaltet) und er oder sie erfährt die Vorteile. Einige der Wohltaten der Spirituellen Praxis sind ein stabiler Geisteszustand, Verminderung von Verlangen und das Gefühl eines inneren Friedens unabhängig von irgendwelchen Lebenssituationen. Dieser Nutzen trägt dazu bei, einen Gottsuchenden zu unterstützen, seine weltlichen Wünsche zu transzendieren, wovon einer die Sexualität ist.
Wenn ein Mensch keine gute Grundlage in Spiritueller Praxis hat, auch wenn er Priester ist, kann die Unterdrückung sexueller Bedürfnisse zu negativen Gefühlen führen und üble Folgen haben.
6. Auf welcher Stufe seines Weges sollte ein Gottsuchender anfangen sich sexuellen Aktivitäten zu enthalten?
Ein Gottsuchender braucht sich während seines spirituellen Weges nie sexuellen Aktivitäten zu enthalten. Wenn jemand regelmäßig und ernsthaft Spiritualität praktiziert, steigt das spirituelle Niveau. Mit der Verbesserung des spirituellen Niveaus vermindert sich automatisch das Bedürfnis nach sexuellen Aktivitäten und daher behindert es die spirituelle Entwicklung des Gottsuchenden nicht.
7. Kann Masturbation die spirituelle Entwicklung behindern?
Masturbation ist ein gesunder Ausweg, um sexuelle Wünsche zu befriedigen, besonders für solche, die nicht verheiratet sind. Die Häufigkeit dieses Bedürfnisses ist von Mensch zu Mensch verschieden und auch vom Alter und dem spirituellen Niveau abhängig. Bei einem höheren spirituellen Niveau ist das Bedürfnis automatisch geringer. Es gibt aber auch einige Vorteile der Masturbation. Die Masturbation verlangt weniger Engagement als Sex mit einem Partner. Daher ist man auf physischer und mentaler Ebene weniger gebunden; man braucht auf niemanden zu warten im Vergleich zum Sex in einer Partnerschaft. Daher ist auch der Geist nicht damit beschäftigt, auf einen Partner zu warten.
8. Wenn ein Gottsuchender sexsüchtig ist oder exzessive sexuelle Gedanken hat, was sollte er tun?
Ungeachtet des spirituellen Weges, den man eingeschlagen hat, ist die Durchführung der Beseitigung von Persönlichkeitsfehlern ein wichtiger Schritt, Mängel in der eigenen Persönlichkeit zu reduzieren und sie ist eine Hilfe für die eigene spirituelle Entwicklung. Dieses Verfahren anzuwenden und Autosuggestionen zu nutzen, ist ein einfaches aber wirkungsvolles Mittel, Persönlichkeitsfehler wie Suchtverhalten zu überwinden.
Mit einer regelmäßigen Spirituellen Praxis vermindert sich das eigene Verlangen allmählich. Bitte beachten Sie, dass die Spirituelle Praxis, um wirkungsvoll zu sein, den 6 Grundprinzipien der Spirituellen Praxis entsprechen sollte. Je mehr der Geist sich mit sāttvischen Aktivitäten beschäftigt, desto schneller wird er aus solchen Süchten (inklusive Sex-Sucht und exzessiven sexuellen Gedanken) aussteigen können.
Oft kann aber Sucht von unbefriedigten Begierden verstorbener Vorfahren verursacht werden und wir empfehlen den Schutzchant ‘Shri Gurudev Datta’.
9. Zusammenfassung – ist das Zölibat für eine spirituelle Entwicklung erforderlich?
Weder das Zölibat, noch die Kontrolle der eigenen sexuellen Bedürfnisse ist für eine spirituelle Entwicklung erforderlich. Spiritualität regelmäßig und mit viel Begeisterung zu praktizieren, hilft einem Gottsuchenden, sich spirituell zu entwickeln und das Göttliche zu erfahren. Beides vermindert automatisch das Bedürfnis nach weltlichen Dingen, Sex inbegriffen. Im Grunde verblassen weltliche Erfahrungen deutlich, wenn sie mit der Erfahrung des Göttlichen verglichen werden.